Daniel Craig hat gespeist, wo wir heute Abend essen. Das Foto des aktuellen Bond-Darstellers, Arm in Arm mit dem
glücklichen Koch, wechselt sich auf dem Fernseher im Vietnam- Restaurant von St. Barth mit einem bunten
Korallenfischvideo in Endlosschleife ab. Brett Pitt und seine Angelina Joulie wohnen, nein, sie residieren, wenn sie
hier sind, in ihrem Anwesen eben den Berg hinauf. Diese Insel haben die Reichen und Schönen dieser Welt schon seit
längerem für sich entdeckt – und nun auch die LUV-Crew. Und wir finden es zwar auch schön hier aber doch reichlich
teuer.
Eigentlich wollten wir mal richtig toll französisch dinieren. St. Barth gehört schließlich zu Frankreich und damit
zur EU, wir zahlen mit Euros und die von Brüssel regulierten Handygebühren gelten sogar auf diesem winzigen
karibischen Eiland. Aber damit hört es dann auf mit schönen heimischen Gewohnheiten. Die Preise auf der
Gourmet-Karten der Restaurants sprengen unser Bordbuget. So landen wir – wie zuvor Daniel Craig, als es ihm wohl noch
nicht so gut ging – beim Asiaten.
St. Barth ist nicht nur wegen seiner EU-Zugehörigkeit deutlich anders als all die anderen westindischen Inseln. Was
hier besonders auffällt: Saubere Strassen, gut gekleidete Menschen, keine verfallenen Häuser, viele Restaurants,
dichter Verkehr mit intakten Autos, keine Bettler, kaum Afroamerikaner. Die Schweden, deren König früher St. Barth
gehörte, waren Händler und gaben sich mit Sklaverei nicht ab. Die Engländer waren nicht lange genug die Herren von
St. Bartholomäus und als die Franzosen hier übernahmen, stellten sie fest, dass die Insel einfach zu klein und zu
hügelig für die Plantagenwirtschaft ist und so blieben die Europäer unter sich.
Ich rechne es dem Einfluss der Schweden zugute, dass die Zollformalitäten flott, effizient und unbürokratisch über
die Bühne gehen.
Zuletzt, in St. Kitts war es noch so gewesen:
Station 1: Customsoffice.
Ausfüllen eines Formulares mit Schiffsname (Luv) Heimathafen (Hamburg), Länge ( 14.50m), Breite (4,50 m), Tiefgang
(2,20 m), Masthöhe (22 m), Baumaterial des Rumpfes (Fiberglas), Farbe des Rumpfes (Blau), Anzahl der Motoren, Marke,
PS-Stärke, Zahl der Waffen und Tiere an Bord ( keine), Zahl der GPS -Geräte ( eigentlich ist jedes Handy eines und
auch in jeder unserer modernen Schwimmwesten ist eines integriert, aber ich will nicht als Händler verdächtigt werden
und schreibe : 2).
Dann gilt es auszufüllen: Nummer des Schiffsregisters, Unterscheidungssignal, Telefonnummer, Wohnort des Kapitäns.
Der Kapitän bin ich und ich werde hier auch immer mit „Captn“ angesprochen. Das schmeichelt meinem Selbstbewusstsein,
verpflichtet mich aber zu unangenehmer Papierarbeit, denn nur der „Captn“ ist berechtigt, von sämtlichen
Crewmitgliedern ( Claus, Eggert, Björn und Michael) alle Daten aus den Reisepässen in die viel zu winzigen
Formularkästchen einzutragen.
Das dauert, aber die uniformierte Zöllnerin vertreibt sich die Zeit mit einem Computerspiel. Und dann noch: woher
gekommen ( Antigua), wann :(eben gerade), Uhrzeit ( ich lasse das aus) , der nächste Hafen ( St. Martin oder St.
Barth), wann?, welche Uhrzeit? Wieviel Crew an Bord? Ich lasse auch das aus, sollen die doch die Namen selbst zählen.
Das ist eine schlechte Idee. Ich gebe das Formular ab und muss Nachfragen beantworten. „How many Crew on Bord?“ Ich
sage: “ Da sind fünf Namen aufgeführt.“ Aber nicht hier! Sagt die Zolloffizierin streng und weist mit dem Finger auf
ein kleines Kästchen: „Hier eintragen!“ Außerdem ist sie, ich hatte es befürchtet, mit der Entzifferung meiner
Handschrift überfordert. Und deshalb fragt sie das halbe Dokument noch mal mündlich nach: „Wie heißt der Kapitän,
Captn?“ Können Sie das mal buchstabieren?
Irgendwann sind wir dann doch fertig, alle Pässe sind gestempelt, die Gebühr bezahlt ( 72 EC-Dollar) und die
Zöllnerin sagt: „Welcome to St. Kitts.“ Und ich solle nun mit dem Formular – auch das ist gestempelt – nach nebenan
zum Hafenmeister gehen.
Station 2. der Harbourmaster.
Den Hafenmeister kenne ich schon. Hilfsbereit und freundlich hatte er uns beim Anlegen geholfen und sich halbwegs
dafür entschuldigt, dass wir heute Nacht kein Auge zu tun würden. Es finde ein Openair-Konzert unmittelbar im
Hafengelände statt, und das würde laut. Gleichwohl: Auch dieser nette Mensch legt mir ein Formular vor. Und ein
zweites: Schiffsname (Luv) Heimathafen (Hamburg), Länge ( 14.50m), Breite (4,50 m), Tiefgang (2,20 m), Masthöhe (22
m), Baumaterial des Rumpfes (Fiberglas), Farbe des Rumpfes (Blau), Anzahl der Motoren, Marke, PS-Stärke, Zahl der
Waffen…
Um es kurz zu machen: der ganze Scheiss noch mal und noch mal. Alles mit der Hand und der Stress nur schwach
abgemildert durch das stillschweigende Einverständnis zwischen mir und dem Hafenkapitän, dass wir Unfug anrichten und
niemand jemals diese Formulare liest, prüft oder verwendet. Diesmal werden die Passdaten der Crew nicht abgefragt aber
Gebühren werden auch wieder fällig.
Genau wie bei der Station 3: Port Authority.
Die ist in einem anderen Gebäude. Ich frage die Autorität mit den gewaltigen Schulterstücken hinter dem Tresen
hoffnungsvoll, ob man denn hier das gestempelte Formular vom Zoll oder vom Hafenmeister nicht kopieren könne? Blöde
Frage. Alles noch mal und erneut. Im Hintergrund überträgt ein Fernseher ein Motorradrennen auf einer Matschpitste.
Sieben Beamte sind höchst interessiert. Meine Handschrift, schon im Normalfall ein Problem, wird nachlässig. Diesmal
will das Hafenamt auch wieder alle Namen. Und eine neue Gebühr.